Milford Track und Schlusswort

 

Von der Idee (1300 km) über die Planung (1000 km) bis zur praktischen Durchführung (700 km inkl. Milford Track) sind meine Ziele laufend bescheidener geworden. Ein Misserfolg? Keinesfalls, denn ich hatte ja keine Ahnung … . Ich wusste nicht, dass der Te Araroa der topographisch schwierigste long Distance Hike der Welt ist. Die erste Etappe war von Schwierigkeit und Wetter wie ein Schlag ins Gesicht. Die Bächlein der zweiten Etappe nur ein Vorgeschmack auf die hüfttiefe Flussüberquerungen der dritten und vierten Etappe. War ich schlecht vorbereitet? Ja, bestimmt. Meine Vorbereitung bestand im Herunterladen und grobem Studium der offiziellen Trail Maps und Trail Notes. Doch das war gut so – hätte ich mich richtig vorbereitet, wer weiss, ob ich das Vorhaben nicht abgebrochen hätte. Zumindest in Sachen Ausrüstung war ich gut vorbereitet; alles was ich brauchte hatte ich dabei, und alles was ich dabei hatte, habe ich gebraucht. Ausser dem PLB – zum Glück. Dieses habe ich übrigens gestern in Queenstown verkauft. Der Käufer fragte noch, warum ich dies nicht zu Hause benützen will. Ich musste ihm erklären, dass es bei uns kaum noch ein Flecken ohne Mobilfunk gibt. Welch ein Unterschied zu NZ!
Unterwegs musste ich oft an Frodo denken. Wie er musste ich eine schwere Last (den Ring / meinen Rucksack) nach Mordor (Milford) tragen und dabei gegen Orcs und anderer Ungeheuer (Regen, Hagel, Sturm) kämpfen, wurde von Riesenspinnen (Sandflies) gebissen, musste gefährliche Höhlen (Flüsse) durchqueren und hatte einen eigentümlichen Begleiter mit gespaltener Petsönlichkeit (Sméagol/Gollum – die Einsamkeit). Aber immer wieder gab es erholsame Momente im Land der Elfen oder in Minas Tirith (Hamner Springs, Wanaka, Arrowrown). Aber nicht nur das, auch die Landschaft erinnerte mich an den Film. Ohne es zu wissen, lief ich mitten durch Drehorte. Erst nach dem Check in am Flughafen Queenstown stolperte ich über das Lord of the Rings Location Guidebook. Ich war so vertieft in dessen Lektüre, dass ich die Zeit vergass und beim Boarding ausgerufen werden musste.

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Der Flug war übrigens phantastisch. Bei bester Sicht flog ich in 30 Minuten über die Landschaft, die ich in 2 Monaten durchwandert hatte. Mit etwas Wehmut überlegte ich mir, dass ich mit dem Wissen und der Fitness von heute die 1300 km schaffen würde.

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Die letzte Woche machte ich dem Milford Track als guided Tour in einer Gruppe von 50 Leuten. War bestens organisiert, und ohne Zelt und Proviant war der Rucksack kaum noch eine Last. Der Milford Track ist einer der schönsten und regenreichsten Trails der Welt. Mein iPhone hat die ersten 3 Tage Dauerregen nicht überlebt. Der 4. Tag war sonnig, die Cruise im Milford Sound am 5. Tag dann wieder bei wolkenbruchartigem Wetter. Aber das muss so sein, denn die spektakulären Wasserfälle gibt es nur bei Regen zu sehen. Jedenfalls war es ein interessanter Abschluss meiner Reise … welch ein Kontrast zum Te Araroa!

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Fragt mich nicht nach dem Warum für solche Strapazen. Es war auf jeden Fall ein Abenteuer. Und ich bin überzeugt, nur wer Orcs besiegt hat, kann das Land der Elfen wirklich geniessen.

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Ein Kommentar zu „Milford Track und Schlusswort

  1. Wir sind gerade von Barcelona zurückekommen und haben somit nur noch die Möglichkeit a posteriori zu kommentieren.

    Deine Zusammenfassung a la Herr der Ringe macht die Reise welche Du hinter Dir hast verständlicher. Auch wenn Du nur Gutes zu berichten hattest und nur die schönen Bilder in den Blog gepackt hast, ist es doch sicher nur der Bruchteil Deiner Erlebnisse

    Viele Menschen hast Du kennengelernt, welche mehr oder weniger Deine Passion teilen, einige sind sogar Vorbilder geworden und sicher Du für einige andere. Andere sind einfach Begegnungen – das ist auch ok.

    Die vielen Begegnungen sind aber auch Stress, wenn man sich ausruhen möchte oder einfach sich selber sein. Dann haben sicher die stundenlangen Märsche und die einsamen Teile des Trails ihren Reiz gehabt, die Auseinandersetzung mit sich selbst, dem inneren Schweinehund, dem Stolz und vielleicht auch ab und zu etwas Verzweiflung.

    Dieses Erlebnis kann man nicht teilen, es würden viele auch so nicht verstehen, aber unsere Bewunderung hast Du auf jeden Fall erreicht. Wir freuen uns wenn Du bei uns übernachtest und etwas mehr als im Blog steht erzählen kannst

    Gute Heimreise und Erholung – der Kulturschock und Wärmeschock werden noch genug zum Beissen geben

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