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Milford Track und Schlusswort

 

Von der Idee (1300 km) über die Planung (1000 km) bis zur praktischen Durchführung (700 km inkl. Milford Track) sind meine Ziele laufend bescheidener geworden. Ein Misserfolg? Keinesfalls, denn ich hatte ja keine Ahnung … . Ich wusste nicht, dass der Te Araroa der topographisch schwierigste long Distance Hike der Welt ist. Die erste Etappe war von Schwierigkeit und Wetter wie ein Schlag ins Gesicht. Die Bächlein der zweiten Etappe nur ein Vorgeschmack auf die hüfttiefe Flussüberquerungen der dritten und vierten Etappe. War ich schlecht vorbereitet? Ja, bestimmt. Meine Vorbereitung bestand im Herunterladen und grobem Studium der offiziellen Trail Maps und Trail Notes. Doch das war gut so – hätte ich mich richtig vorbereitet, wer weiss, ob ich das Vorhaben nicht abgebrochen hätte. Zumindest in Sachen Ausrüstung war ich gut vorbereitet; alles was ich brauchte hatte ich dabei, und alles was ich dabei hatte, habe ich gebraucht. Ausser dem PLB – zum Glück. Dieses habe ich übrigens gestern in Queenstown verkauft. Der Käufer fragte noch, warum ich dies nicht zu Hause benützen will. Ich musste ihm erklären, dass es bei uns kaum noch ein Flecken ohne Mobilfunk gibt. Welch ein Unterschied zu NZ!
Unterwegs musste ich oft an Frodo denken. Wie er musste ich eine schwere Last (den Ring / meinen Rucksack) nach Mordor (Milford) tragen und dabei gegen Orcs und anderer Ungeheuer (Regen, Hagel, Sturm) kämpfen, wurde von Riesenspinnen (Sandflies) gebissen, musste gefährliche Höhlen (Flüsse) durchqueren und hatte einen eigentümlichen Begleiter mit gespaltener Petsönlichkeit (Sméagol/Gollum – die Einsamkeit). Aber immer wieder gab es erholsame Momente im Land der Elfen oder in Minas Tirith (Hamner Springs, Wanaka, Arrowrown). Aber nicht nur das, auch die Landschaft erinnerte mich an den Film. Ohne es zu wissen, lief ich mitten durch Drehorte. Erst nach dem Check in am Flughafen Queenstown stolperte ich über das Lord of the Rings Location Guidebook. Ich war so vertieft in dessen Lektüre, dass ich die Zeit vergass und beim Boarding ausgerufen werden musste.

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Der Flug war übrigens phantastisch. Bei bester Sicht flog ich in 30 Minuten über die Landschaft, die ich in 2 Monaten durchwandert hatte. Mit etwas Wehmut überlegte ich mir, dass ich mit dem Wissen und der Fitness von heute die 1300 km schaffen würde.

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Die letzte Woche machte ich dem Milford Track als guided Tour in einer Gruppe von 50 Leuten. War bestens organisiert, und ohne Zelt und Proviant war der Rucksack kaum noch eine Last. Der Milford Track ist einer der schönsten und regenreichsten Trails der Welt. Mein iPhone hat die ersten 3 Tage Dauerregen nicht überlebt. Der 4. Tag war sonnig, die Cruise im Milford Sound am 5. Tag dann wieder bei wolkenbruchartigem Wetter. Aber das muss so sein, denn die spektakulären Wasserfälle gibt es nur bei Regen zu sehen. Jedenfalls war es ein interessanter Abschluss meiner Reise … welch ein Kontrast zum Te Araroa!

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Fragt mich nicht nach dem Warum für solche Strapazen. Es war auf jeden Fall ein Abenteuer. Und ich bin überzeugt, nur wer Orcs besiegt hat, kann das Land der Elfen wirklich geniessen.

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6. Etappe: Queenstown bis Te Anau. 56 km zu Fuss meist im Regen; Rest per Anhalter

Zwei Tage blieb ich in Queenstown, einer Stadt, die vor allem aus Reisebüros und Adventure Veranstalter besteht. Die zwei einzigen Café/ Bäckerein im Zentrum brechen zur Frühstückszeit fast zusammen vom Ansturm der hungrigen Adventure-Touristenmeute. Wer schon immer davon träumte, ein Café zu eröffnen, sollte es hier tun. Die Hotelpreise sind unverschämt, aber man muss ja froh sein, dass man überhaupt unterkommt. Ich traf mich am zweiten Abend mit Sandro, einem 28 jährigen Schweizer, der den ganzen TA mit Sandalen abgeht. Er war anfangs immer vor mir, nach meiner Abkürzung war er dann hinter mir. Dank seinem Blog (sandrokoster.com) könnte ich ihn kontaktieren, so machten wir hier einen Abend lang Erfahrungsaustausch. Wir fragten auch nach dem Preis eines WaterTaxi, das uns an den Startpunkt der nächsten Etappe bringen würde. Aber für den Preis von $600 kann man sich gleich einen Helikopter mieten. Sandro wird per Autostopp und zu Fuss um den See herum gehen; ich werde einen Tag nach ihm den Shuttle nehmen so weit dieser geht und dann schauen, wie ich weiter komme. Der Unterbruch des Trail hier ist ein Schwachpunkt des TA. Der natürliche Weg wäre links um den See herum; aber das sei Privatbesitz und die Farmer wollen dort keinen Trampelpfad. Aber was nicht ist kann ja noch werden; der TA ist noch jung (gibt es offiziell erst seit 2012) und der Te Araroa Trust bemüht sich laufend um Verbesserungen.  Anyway, es wird meine letzte Etappe sein; habe danach für meine letzte Woche hier in NZ eine organisierte Wanderung auf dem Milford Track (einer der 8 ‚Great Walks‘) gebucht. War sündhaft teuer, aber ein bisschen Luxus werde ich mir am Schluss meines Abenteuers wohl leisten dürfen.

17 Jan Greenstone Station to Greenstone Hut; 11 km, 4 Stunden
Die Wetterprognosen für die nächsten Tage sind grauenvoll. Aber erfahrungsgemäss ist es meistens nicht so schlimm wie angekündigt. Ein Shuttle bringt mich nach Routeburn. Unterwegs sah man von der Ferne den Regen im Greenstone River Valley. Aber als ich dann dort ankam, schien die Sonne. Auch sonst hatte ich Glück – ein Shuttle der Kinloch Lodge fährt mit ein paar Touristen bis zur Greenstone Station, dem Startpunkt des TA. Die Kinloch Loch Shuttle Fahrerin heisst Marianne, und nachdem sie mich 10 Min hat reden lassen, fährt sie plötzlich mit Schweizerdeutsch fort. Sie lebt seit 30 Jahren in NZ und geht jeweils im Winter (unserem Sommer) in die Schweiz um in Hütten auszuhelfen.
An der Greenstone Station ist Betrieb, viele Wanderwege starten hier. Zwei Autostopper steigen gerade aus – es sind Aurelien und Sarah. Wir begrüssen uns wie alte Freunde. Einen Monat ist es her, als ich die zwei auf der zweiten Etappe kennenlernte. Die beiden lernten sich übrigens auch um diese Zeit kennen und wandern seither zusammen. Ein komisches Paar, sie 34 aus Australien, er 21 aus Frankreich. In der Greenstone Hut treffe ich sie wieder, wo wir uns lange unterhalten. Aber sie bleiben nicht dort zum übernachten; abends um halb sieben ziehen sie weiter, obwohl es wieder regnet und obwohl die nächste Hütte 4 Stunden weit weg ist. Um halb zehn wird es dunkel – sie werden also die letzte Stunde mit Stirnlampe und im Regen laufen. Ein bisschen verrückt sind sie ja schon, die beiden. Die Greenstone Hütte ist übrigens überbelegt. Es hat Platz für 20, aber es sind mindestens 25 hier, davon die Hälfte eine Gruppe aus Israel, die bis Mitternacht Radau macht. Die übrigen Gäste sind aber alle interessant und nett.

18 Jan.
Greenstone Hut bis Boundary Hut; 22 km, 8 Stunden.
Durch den vielen Regen in der Nacht ist der Weg versumpft. Am Anfang gibt man sich noch Mühe, trocken zu bleiben, aber irgendwann ist knieabwärts alles triefend nass und ich stampfe 11 km in 4 Stunden durch Schlamm und Sumpf bis zur Taipo Hut, wo ich längere Pause mache, da der Regen wieder heftig einsetzt. Da es sich anscheinend um Dauerregen handelt, ging ich trotzdem weiter bis zur Boundary Hut (12km/4 Stunden. Aurelien und Sarah sind auch da. Das freut mich, habe ja den ganzen Tag keinen Menschen gesehen. Eine Feuerstelle gibt es hier nicht, so bleibt alles schön nass

19 Jan.
Boundary Hut bis Kiwi Burn Hut; 18 km; 5 Stunden im Regen.
Der Dauerregen war heftig in der Nacht. Es tröpfelt auch am Morgen, darum gehe ich erst um 11 gehe los; bei dem Wetter ist Wandern weniger lustig. Der Weg folgt einem 4WD Track, der aber zu einem Teil unter Wasser gesetzt ist. Unterwegs begegnen mir mehrere TA northbound Wanderer (u.a Natascha aus der Schweiz), und selbstverständlich schwatzt man mit allen ein Weilchen.  In der Carey’s Hut (nach 6 km), die von zwei Jägern belegt ist, mache ich Mittagspause. Nach weiteren 7 Km im Regen kommen zwei andere Jäger in ihrem Jeep und nehmen mich bis zur Swingbridge mit. Mein Rucksack hat zwischen einem toten Possum und vielen toten Hasen Platz, ich klemme mich ein zwischen Gewehre und Ausrüstung. Die Hasen sind wertlos (bringen nur etwas Fleisch für den Selbstgebrauch); aber das Fell des Possum bringt etwa $25.
Mein Ziel ist die Kiwi Burn Lodge. Dorthin muss man noch durch tiefe Bäche waten (Schuhe sind eh nass). Aus dem Kamin der Hütte steigt Rauch – wie schön, dass jemand schon Feuer gemacht hat. Es ist Amy aus Toronto – auch eine, die man vom Hörensagen und aus den Hüttenbüchern kennt. Sie war mir von Anfang an immer ein paar Tage voraus. Später kommt dann noch ein Franzose (Sébastien) und ein Jäger.
Ein Wort zu den Jägern, von denen ich heute wahrlich viele getroffen habe. Sie sind zwar nett und freundlich, aber wir naturliebenden TA-Wanderer mögen sie trotzdem nicht besonders. Sie haben einen anderen Tagesrhythmus, tragen sich nicht in die Hüttenbücher ein, sind schmuddelig und vor allem: sie riechen unangenehm.

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20 Jan.
5 km
Mit Amy gehe ich zurück zur Gravel Road, von wo uns der Jäger in seinem Auto (diesmal ohne toten Tiere) zur Hauptstrasse bringt. Obwohl das Wetter wieder besser ist, sind wir froh, so die 34 km Gravel Road zu vermeiden. Amy folgt danach weiter dem TA-Trail, ich autostoppe nach Te Anau. Keine 2 Minuten Daumen draussen, schon halten zwei junge Dutch Girls an; so bin ich schon um 11 in Te Anau. Finde rasch einen günstigen Holiday Park, wo ich erst mal meine restlichen Vorräte aufesse. Abends treffe ich mich mit den beiden Dutch Girls auf ein Bier.
Werde drei Tage in Te Anau bleiben und von hier Tageswanderungen machen. Dann folgt der 5-tägige Milford Sound Walk (nicht Teil des Te Araroa), und das war’s dann. Flug ist am 30. Mein PLB habe ich übrigens online zum halben Preis verkauft. Wird am 29. in Queenstown abgeholt.

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Ein Schlusswort folgt nach Milford.

5. Etappe: Wanaka bis Queenstown; 80 km

Ich hatte mir einen Tag Ruhepause in Wanaka gegönnt, konnte in der zweiten Nacht vom Campingplatz in ein schönes Hotel ziehen. Tagsüber mietete ich ein Velo und fuhr den
See entlang. Dabei traf ich auf zwei TA-Wanderer (mit etwas Erfahrung erkennt man diese instinktiv) – Molly aus Atlanta und Frederiek aus Holland. Wir trafen uns am Abend wieder zwecks Erfahrungsaustausch. Wenn ich die Stories der anderen höre, muss ich gestehen, dass ich bisher viel Glück hatte. Beispiele: einen Tag nachdem ich der Kuhherde durch die Flüsse gefolgt war, waren Frederiek und andere zwischen anschwellenden Flüssen blockiert und konnten weder weiter noch zurück zur Hütte. Oder Molly hatte Angst vor der Ahuriri Überquerung und wollte die 5 km zur Brücke gehen, versank aber unterwegs Hüfttief im Schlamm und musste umkehren, wo sie dann zum Glück auf Frederiek stiess; zusammen wagten sie die Flussüberquerung. Ich erhielt auch einen Tipp, wo es gutes Kartenmaterial gibt. Wie oft hatte ich mich über die schlechte Qualität der offiziellen Trail Maps geärgert. Bisschen spät zwar, aber zurück im Hotel lade ich die ganze Südinsel 1:50’000 runter. Es sind 3GB; am andern Tag beim Aufstehen werden gerade die letzten Segmente geladen. Ab jetzt macht Wandern doppelt Spass!

9 Jan: Lake Wanaka bis Fern Burn Hut, 11 km.
Die ersten 10 km dem See entlang machte ich Autostop. Den See hatte ich aber schon genug gesehen; vorgestern zu Fuss und gestern mit dem Velo. Ich war daher schon um drei in der Fern Burn Hut. Die nächste Hütte wäre 3-4 Stunden weiter, aber darauf hatte ich keine Lust mehr, vor allem nachdem ich den steilen Aufstieg hinter der Hütte sah. Ich hatte ja genügend Zeit und genug zu Essen und genug zu Lesen dabei. Ausserdem waren hier sympathische Leute, mit denen man sich unterhalten konnte – ein Geschwisterpaar aus Australien und ein junges Pärchen aus México. Spät am Abend kamen noch drei unerfahrene Burschen. Die wussten nicht, dass das Wasser im Bach trinkbar ist (der Tank mit Regenwasser war leer) und dass man in der Hütte einen Schlafsack braucht. So schliefen sie wie Würstchen im Sandwich zwischen zwei Matratzen.

10 Jan: ich lief am Morgen die 6 km / 4 Stunden zur Highland Creek Hut über den 1275m Jack Hall Saddle und blieb am Nachmittag in der Highland Creek Hütte. Gemäss Trail Notes ist der Weg zur nächsten Hütte anspruchsvoll und nur für fitte und erfahrene Wanderer geeignet. Das wollte ich mir für morgen aufsparen. Allerdings staunte ich nicht schlecht, als ein junger Deutscher hier Pause machte, der vom Lake Wanaka kam und und bis zur nächsten Hütte will (also das an einem Tag macht, was ich gemütlich in drei Tagen mache). Weil er morgen in Arrowtown abgeholt wird, ist er in Eile; entsprechend klagte er über Fuss- Knie- und Hüftschmerzen. Später kam dann noch ein 67-jähriger Kiwi (sah zwar eher wie 76 aus), der es aber vorzog, oben auf dem Hügel zu schlafen, damit ihn niemand beim Schnarchen höre….; so hatte ich schon wieder eine Hütte ganz für mich.

11 Jan: Highland Creek Hut bis Roses Hut, 11 km. Für die als sehr anspruchsvoll bezeichnete Strecke werden (je nach Quelle) 5-8 Stunden angegeben. So schlimm war es aber nicht, und nach gut 5 Stunden war ich schon dort und überlegte mir weiter zu gehen. Das würde aber heissen, irgendwo zu campieren – dazu hatte ich keine Lust. Ausserdem hatte ich genug von Sonne und Wind; seit dem Hagelzug am Ahuriri River (4. Jan) scheint die Sonne, aber zumeist ist es ziemlich windig. Meine Lippen sind verbrannt und sehen aus wie die eines Orcs.
Der Entschluss, in der Hütte zu bleiben erwies sich als weise – am Nachmittag fing es an zu stürmen, so dass man meinte, das Dach fliege gleich davon. Am späten Abend fing es an zu Regnen, und in der Nacht goss es wie aus Kübeln. Ich teilte die Hütte mit einem langhaarigen Mathematiklehrer aus Neukaledonien, einer TA northbound Hikerin aus Auckland und einem schweigsamen eBook Reader. Kurz vor dem eindunkeln kam dann noch ein erschöpftes pudelnasses Mädchen. Das kochte dann im Dunkeln und machte Krach während die anderen schon schlafen wollten. Nur der eBook Reader war noch am Lesen.

12 Jan. Roses Hut bis Arrowtown, 24 km. Der nächtliche Regenerguss war vorüber und die Sonne schien schon wieder. Zuerst ging es 550m hoch über einen Berg, dann müsste ich mich entscheiden, weiter über Hügel oder dem Flussbett entlang. Letzteres sei schneller, so entschied ich mich für diese Variante und zog die Plastikschuhe an. Am Ufer ist dichtes Dornengestrüpp (habe oft laut geflucht) daher läuft man besser direkt im Fluss. Ob im Geröll eines mäandernden Flusses zu laufen wirklich schneller ist als oben dem Berghang entlang, wage ich zu bezweifeln. An das kalte Wasser gewöhnt man sich, gemäss Kneipp soll das sogar gesund sein. Ab Macetown, einer verlassenen Goldgräbersiedlung, gab es dann einen 4WD Track, ab da lief es dann besser, obwohl auch dieser alle 100m den Arrow River ‚furtet‘ (to ford – warum gibt es dieses Wort auf deutsch nicht? Plausible Antwort: bei uns gibt es Brücken). Lange Pausen waren nicht möglich, da nach wenigen Minuten die Sandflies meine nackten Waden entdeckten. In Arrowtown dann das übliche Prozedere: schwierige Suche nach einer Unterkunft. Ich hatte die Wahl zwischen einem Luxusappartement ($350) oder dem Campingplatz ($20), und entschied mich für die günstigere Variante. Ich fragte an der Reception nach den Wetterprognosen. Sie schaute mich ganz erstaunt an und meinte, hier regne es eigentlich nie. Erstaunlich, ein regenloser Ort inmitten dieser Regeninsel? So buchte ich gleich zwei Nächte; ich war ja nur eine Tagesetappe von Queenstown entfernt und musste mich entscheiden, was ich nach Queenstown mache. Der TA führt nach Queenstown am anderen Ende des Lake Wakatipu weiter und in Abwesenheit von weiteren Höhepunkten mache ich vielleicht lieber etwas anderes. Nachts regnete es übrigens – am Morgen war der Himmel strahlend blau und tat, als ob da nichts gewesen wäre.

13 Jan: Ruhetag in Arrowtown. Die Reinheit der Luft, das spezielle Lebensgefühl hier, mein ausgebrannter Allgemeinzustand – irgend etwas machte mich ganz dizzy; vor der Apotheke musste ich mich tatsächlich am Pfosten festhalten um nicht umzukippen. In der Apotheke ging ich aber nur wegen meinen verbrannten Lippen. Den Tag verbrachte ich sonst mit Zeitunglesen, Hotel in Queenstown reservieren, Museumsbesuch und Kino (‚La La Land‘; 5 Sterne in der heutigen NZZ), wo ich den allerletzten der 42 Sitze bekam.

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14 Jan: Arrowtown to Queenstown; 28 km. heute kein Autostopp bitte, auch wenn der Weg entlang von Strassen führt! Ich will zu Fuss in Queenstown einmarschieren! Ausserdem will ich die 600 km Grenze knacken. Sollte ich in Queenstown aufhören (obwohl ich noch zwei Wochen Zeit hätte), will ich doch sagen können, ich bin 600km gelaufen.
Der Weg nach Queenstown war weder besonders attraktiv noch anspruchsvoll. Aber mit Podcasts hören und streckenweise Wandern mit einem TA Wanderpärchen (Willy und Cathy aus Wellington) verging die Zeit schnell. Ausserdem, wo es Strassen gibt, gibt es auch ab und zu ein Bier. In Queenstown bleibe ich erst mal zwei Tage, dann sehen wir weiter

 

4. Etappe: Teil 3/3 Stodys Hut to Wanaka über den Breast Hill bei orkanartigem Sturm

6 Jan:  Stodys Hut bis Lake Hawea 22 km über den Breast Hill.
Zum ersten Mal muss ich Wasser mitschleppen. Ausser bei der Hütte unterwegs gibt es kein Wasser. Welch ein Unterschied zur bisherigen Tour, wo es immer zu viel Wasser gab!
Breast Hill ist einer der Höhepunkte des TA wegen der grandiosen Aussicht. Der Weg führt über eine Hügelkette – und je höher ich komme, desto heftiger bläst der Sturm. Unterwegs begegnet mir noch eine TA-Hikerin (northbound). Diesmal eine einheimische aus der Nordinsel. Sie mich warnt mich noch vor den Winden auf Breast Hill. Und tatsächlich, auf dem 1578m hohen Hügel tobt ein Orkan. Aber die Aussicht ist tatsächlich überwältigend. Ich bleibe nur für eine kurze Fotopause und gehe schnell weiter zur Pakituhi Hütte, wo ich eine Stunde Mittagspause mache und meine Wasservorräte auffülle. Dann in einem Zug die 1000m runter zum Lake Hawea. Teilweise rennend (finde ich knieschonender), und in 2,5 Stunden (Vorgabe 3-4) bin ich schon am See. Unterwegs begegnen mir ein Duzend Tageswanderer – die Strecke zum Breast Hill ist auch unter Kiwis sehr beliebt. Dann noch 6km dem See entlang bis zum Dorf Lake Hawea. Hier lebt sich’s wie im Paradies: Moderne Häuser mit herrlichem Blick auf Berge und See. Aber leider sind alle drei Hotel/Motel am Ort ausgebucht. Das Hotel führt auch einen Campingplatz. Für nur $ 10 kann ich im Zelt schlafen und habe allen Comfort eines Hotels! Jetzt sitze ich gemütlich an einem Bier und spüre erst, wie mein Gesicht von Wind und Sonne brennt.

7 Jan: Lake Hawea bis Wanaka, 25 km.
Der Weg führt dem Havea River und dann dem Lake Wanaka entlang und ist schön aber eigentlich recht unspektakulär. Höhepunkte sind Surfer im Fluss, Brückenspringer, Fun-Schnellboote und eine Radfahrer-Swingbridge. Eigentlich ist es ja ein Veloweg, und unter den vielen Velofahrern bin ich der Exot. In Wanaka dann der Frust: auch hier sind alle Hotels/Motels/Backpackers ausgebucht. Es ist Samstag und Ende der Ferienzeit. Ich muss nochmals im Zelt schlafen, buche aber gleich ein Hotel für morgen. Ich brauch wieder mal einen Ruherag mit richtigem Bett. Und Zeit, mich auf die 5. Etappe vorzubereiten.
In Sachen Internet ist NZ ein Entwicklungsland. Habe eben in einer Bar zwei Dollar für eine halbe Stunde Internet bezahlt. War rausgeworfenes Geld; kein einziges Foto könnte ich in der Zeit hochladen!

4. Etappe Teil 2/3: Twixel to Stodys Hut (mit Ahuriri River traversierung)

2 Jan: Twixel bis Lake Middleton Campground;
25 km
Die ersten drei Kilometer auf der Strasse nehmen mich Matthias (ein Thurgauer) uns seine Japanische Freundin mit. Die zwei haben sich hier an einem Sprachkurs kennengelernt.  Sie übernachteten im gleichen Backpacker und wir hatten uns gestern lange unterhalten.
Dann geht es weiter auf Gravel Roads dem Lake Ruataniwha und dem Ohau River entlang. Ein Stück (3 km) nehmen mich zwei junge Fischer mit. Die waren neugierig, welcher Exot hier zu Fuss unterwegs ist. Hatten noch nie was vom Te Araroa gehört. Weiter geht es auf einem schönen Veloweg entlang dem Lake Ohau. Es sind auch tatsächlich einige Velofahrer unterwegs.
Auf dem Lake Middleton Camping wäre ich besser nicht geblieben. Wie mich schon Antoine vorgewarnt hatte, zählt man 8 Dollar für nichts. Der einzige Service ist eine Abfallstation und ein WC. Die anderen Camper sind mit grossen Autos und grossen Zelten oder Campern unterwegs. Mit denen habe ich nichts am Hut.


3 Jan: Lake Meddleton Campground bis Ahuriri River East Branch Valley; 24 km und 900 Höhenmeter.
Wieder so ein Tag, an dem ich keinem Menschen begegnete. Doch, einmal kam mir ein Paar entgegen. Man tauschte etwas Erfahrungen aus, und ich fragte Sie nach dem Wasserstand des Ahuriri River, der mir morgen bevorsteht. Sie haben ihn überquert – mit bis zur Hüfte im reissenden Strom, meinte er. Die Frau ist kleiner als ich, und ich frage mich, wie sie das geschafft hat. Nach dem Pass gibt es teilweise keinen Weg und nur ab und zu Markierungen. Sich selber einen Weg suchen ist mühsam und dauert.
Um halb acht fange ich an, einen Platz für mein Zelt zu suchen. Es windet und ich suche ein windgeschütztes Plätzchen. Bei einer Bachüberquerung geschieht dann noch ein Missgeschick: ich Rutsche auf den glitschigen Steinen aus und falle arschvoraus in den halben Meter tiefen Bach. Alles nass, inklusive unterer Teil des Rucksack. Schnell Kleider wechseln, Zelt aufstellen, kochen, essen und dann ab in den Schlafsack. Das Feuerzeug funktionierte nicht mehr, aber für den Gaskocher habe ich noch ein ‚permanentes Streichholz‘ (einen Metalltift mit Reibfläche) dabei. Gut, bin ich gut ausgerüstet!

4 Jan Ahuriri River East Branch bis Top Timaro Hut; 30 km plus 1000m hoch und runter plus Ahuriri River Traversierung
Der Wind peitscht in der Nacht um das Zelt. Schlecht zum einschlafen, aber gut für die nasse Wäsche, die am morgen trocken ist. Der Sternenhimmel ist hier grandios – hier auf 800m Höhe wo es im Umkreis von 30km keine einzige Lichtquelle gibt. Die nasse Bauchtasche hatte ich vergessen zu trocknen. Die Banknoten sind am Morgen noch nass. Kiwi-Banknoten sind zum Glück aus Plastik. Die wissen wohl, warum.
Nach gut einer Stunde bin ich schon am Ahuriri River. Von oben sieht er gut passierbar aus, schliesslich hat es seit Tagen nicht mehr richtig geregnet. 5 km weiter unten gäbe es eine Brücke, aber das hiesse einen halben Tag Umweg. Ich mache mich für die Flusstraversierung bereit, d.h. Plastikschuhe und Regenhose an, alles wasserdicht einpacken (inkl. Handy und Banknoten). In dem Moment fängt es heftig an zu Regnen. Wie ich eine möglichst seichte Stelle zum überqueren suche, fängt es an zu hageln. Ein göttliches Zeichen, es sein zu lassen? Ich hab’s anders interpretiert – jetzt bin ich eh schon nass, also ab in die Fluten! Ich verbringe bestimmt eine viertel Stunde im Fluss; die Strömung ist stark, und an der tiefsten Stelle reicht das Wasser bis zur Hüfte. Drei Meter vor den anderen Ufer hätte ich fast aufgegeben – der Fluss war einfach zu tief. Aber ich tastete mich vorsichtig 15m flussabwärts, bis eine passierbare Stelle kam.
Endlich draussen, bin ich steifgefroren. Zum Glück ist die Unwetterfront vorüber, und die Sonne drückt schon wieder durch.

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Danach verliere ich den Weg. Als ich an der Gravel Road herauskomme, bin ich zwei km zu weit oben. Eine vorbeifahrende Velofahrerin, mit der ich kurz schwatze, bestätigt mir das. Sie ist übrigens die einzige Person, der ich heute begegnet bin. Danach geht es aber gut voran. Nur: je höher ich komme, desto kälter wird es und umso eisiger bläst der Wind. Es bleibt mir gar nichts anderes übrig, als den 1660m hohen Pass zu nehmen. Auf der anderen Seite bläst der Wind noch heftiger. Erst unterhalb von 1200 m wäre Campieren überhaupt möglich. Aber da ist es nur noch eine Stunde bis zur Top Timaro Hütte auf 900m. Das schaffe ich ohne grosse Anstrengung (es geht schön leicht bergab) und um viertel vor neun bin ich in der Hütte. Habe die schöne 6er Hütte ganz für mich. Gestern waren 3 Leute da, u.a. Denis, der Tscheche. Schade habe ich ihn wieder verpasst.
Dank der Flussüberquerung und den vielen Kilometern heute bin ich meinem Marschplan einen Tag voraus. Nach diesem 12-Stunden-Tag hab ich das Gefühl, endlich TA-tauglich zu sein!

5 Jan Top Timau Hut bis Stodys Hut; 14 km, 9 Stunden.
In der Hütte ist es 6 Grad, draussen 3 Grad. So bleibe ich möglichst lange im Schlafsack liegen. Bis die wärmende Sonne hinter den Bergen auftaucht ist es neu, bis ich abmarschiere ist es 10. Locker, dachte ich, bis zur Studys Hut sind es nur 14 km, vielleicht gehe ich sogar weiter. Gemäss Trail Notes ist mit 6,5 bis 8 Stunden zu rechnen – bisschen viel für die kurze Strecke, dachte ich. Aber der Weg ist extrem anspruchsvoll. Es geht fast immer steil hoch oder runter, mal ist man im Flussbett, dann wieder 150 m darüber. 10 Mal muss man den Knie-tiefen Timaru River durchwaten. Darum laufe ich fast den ganzen Tag in meinen Plastikschuhen. Um drei Uhr begegnet mir eine ziemlich erschöpfte Familie. Sie kommen von der Studys Hut und schaffen heute die 14 km zur Top Timaru Hut bestimmt nicht mehr. We are very slow, sagte die Frau fast entschuldigend. Ausserdem warnten sie mich vor Mäusen in der Studys Hut. Ich hab dann unterwegs Mäuse den Baum hoch klettern sehen; hier wimmelt es von den Viechern.
Beim (extrem steilen) Aufstieg zu Studys Hut begegnet mir noch eine TA-Wanderin. Eine junge Deutsche, die den TA northbound ganz alleine macht. Wir schwatzen eine gute viertel Stunde. Hab aber vergessen zu fragen, ob sie ein PLB hat…
Die Studys Hütte ist alt und undicht, mit Steinboden. Auch diese Hütte habe ich ganz für mich.

4. Etappe: von Tekapo nach Wanaka – 1. Teil: Tekapo nach Twizel – 50 km auf Gravel Roads in zwei Tagen (plus 18 km im Auto)

HAPPY NEW YERAR TO ALL MY FOLLOWERS!

Bei dieser Teiletappe ging es vor allem um die Frage, wo verbringe ich Sylvester? In der anonymen Großstadt Christchurch wollte ich nicht bleiben. Christchurch ist zwar interessant, die Spuren des verheerenden Erdbebens von 2011 noch überall sichtbar.

 

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Doch ich blieb nur 2 Nächte und fand, Sylvester im kleinen Ferienort Tekapo sei sicher attraktiver und nehme am 29.12. den Intercity-Bus dort hin. Tekapo liegt am Te Araora und ist der Ausgangspunkt meiner 4. Etappe. Dies, nachdem ich 242km des Te Araora übersprungen habe – weil ich nicht lebensmüde bin und schon gar nicht versuche, die Flüsse Rakaia und Rangitata zu überqueren, welche selbst in der official Trail Notes als „hazard zone“ bezeichnet werden.
Tekapo ist ein beliebter Ferienort, so beliebt, dass über die Feiertage kein Bett mehr frei ist. Die Jugendherberge gibt mir einen Platz zum Campieren für eine Nacht. Immerhin kann ich so den einmaligen Sternenhimmel bewundern, für den Tekapo (bzw. seine Sternwarte) so berühmt ist.

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Als ich am nächsten Tag mein Zelt abbreche, baut neben mir einer sein Zelt auf. Es ist Denis aus Tschechien – auch einer von den (wenigen) TA Wanderern, deren Name mir aus den Hüttenbüchern bekannt ist, auch er war mir immer ein paar Tage voraus, auch er hat die gefährliche Flussetappe übersprungen. Nach etwas TA-Erfa-Austausch trennen sich unsere Wege leider wieder. Er war schlau genug, im Voraus zu reservieren.

So laufe ich los, immer noch nicht wissend, wo ich Sylvester verbringen werde. Es ist der 30.12. und ich laufe und laufe – immer auf Gravel Roads. Am Anfang sah ich noch zwei, drei Autos und dachte, wenn ich genug von Gravel Roads habe, kann ich ja Autostop machen. Die Telegraph Hut (2 Betten) nach 15 km war eher ein Museumsstück denn eine Hütte, ausserdem war zu gutes Wetter um so früh schon Das Nachtlager aufzuschlagen.

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Obwohl die Landschaft herrlich war, hatte ich nach 20km genug von den staubtrockenen Gravel Roads – aber es gab keine Autos. So lief ich die ganzen 30 km (ein neuer Rekord) bis zum Lake Pukaki, wo ich an einer einsamen Bucht mein Zelt aufschlug.

Der Wetterbericht für den 31.12. war miserabel, aber ich stand bei bestem Wetter auf und ausser ein paar Regentropfen während des Tages war es perfektes Wanderwetter. Bis nach Twizel wären es 40 km, das würde ich nicht schaffen. Und auf Sylvester alleine im Zelt hatte ich auch keine Lust. So hoffte ich auf ein Auto, und tatsächlich tauchte schon nach einer halben Stunde eine amerikanische Reisegruppe im Minibus auf, die mich 18 km bis zur Hauptstrasse mitnahm. Dort versuchte ich weiter zu hitchhiken, aber auf dieser Schnellstrasse ist es aussichtslos. So folgte ich weiter dem TA Trail, der hier auf einem Cycling Trail führt – weiterhin auf Gravel Roads. In Twizel angekommen, war ich völlig erschöpft: meine Solen brennen wie Feuer. Zwei Tage auf Gravel Roads sind schlimmer als zwei Tage in den Bergen!
Unterwegs hatte ich noch schnell ein Backpackers gebucht, damit ich mich auf ein richtiges Bett freuen konnte. Ich teilte mein Zimmer mit Antoine, einem Bretonen, der den TA in umgekehrter Richtung macht. Er ist Meeresbiologe und wird hier an der Uni im Rahmen seines PHD forschen. Mit ihm verbringe ich Sylvester bei viel Bier.
Am nächsten Morgen fühle ich mich wie gerädert – unfähig zu analysieren ob es wegen zu viel 🍺 oder zu viel Gravel Roads ist. Vermutlich beides. Beim Frühstück mit einem Liter Kaffee plane ich die nächste Teil-Etappe – die kommenden 6 -7 Tage bis Hawea werden sehr hart werden; viel rauf und runter, viele Flussüberquerungen und kaum Hütten. Zufällig stosse ich im Fischereiladen auf Neuseeländische wasserdichte Wanderschuhe die passen. Schade um die guten alten Schuhe, die mich auf den Killimanjaro getragen hatten. Aber für Neuseeland seid ihr leider ungeeignet!

Dritte Etappe: Windy Point bis zur Hauptstrasse SH74. 80 km in 5 Tagen

Mit meinem neuen Tagesziel von 15-20 km (statt ursprünglich geplanten 20-25) wandert es sich ziemlich angenehmer.

23 Dez  Windy Point bis Hope Kiwi Lodge  16 km, 5,5 Stunden durch Wald, Wiesen und Sümpfe

Der Transport zurück zum TA klappt wie am Schnürchen. Windy Point liegt 10 km südlich von Boyle Village. Diese 10 km Strasse habe ich durch meinen Abstecher nach Hanmer Springs geschickt umgangen. Die Wetterprognosen waren ganz schlecht, aber ich hatte Glück: erst kurz vor der Hope Kiwi Lodge fing der Regen richtig an. Unterwegs treffe ich auf drei vollbepackte Kiwis. Trecking-Anfänger, dachte ich zuerst. Aber es stellte sich heraus, dass sie eine ganze Schlauchbootausrüstung mitschleppen, inkl Helme und so. Sie wollen zum Lake Sumner und dann Hurunui River runter. Ziemlich abenteuerlich – bei solchen Stomschnellen. Aber so sind sie, die Kiwis. Später kamen dann noch zwei junge Nürnberger (Fred und Chris) in der Hütte an. Sie wussten schon, wer ich bin, wegen der Einträge in den Hüttenbüchern. Seit Beginn verfolgen sie mich, und nur wegen meinen Ruhetagen in Hanmer Springs haben sie mich endlich eingeholt. Ihre Pläne sind erstaunlich deckungsgleich mit meinen; auch sie wollen die gefährliche Fluss-Etappen auslassen,auch sie wollen bis Ende Jan in Queenstown sein.

24 Dez. Hope Kiwi Lodge bis Hurunui Hut  19 Km, 6 Stunden (plus viele Pausen)

Für einmal verlasse ich als erster die Hütte. Ein wunderschöner Tag, blauer Himmel, kaum Sandflies. Am einsamen, fotogenen Sumner Lake vorbei. Ausser den zwei Nürnberger und mir ist niemand auf diesem Pfad. Ist ja auch heilig Abend. Wir haben die Hurunui Hütte für uns.

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25 Dez. Hurunui Hut to Hurunui Nr 3 Hut. 10 km, 4 Stunden.


Warum nur 10 km heute? So geplant, weil auf dem Abschnitt einer der Höhepunkte des TA liegt: ein natürlicher hot Pool.

 

Die zwei Nürnberger sind schon wieder am anziehen als ich dort ankomme. Sie geben mir noch ein paar Tipps wegen den Sandflies. Hut auf, alles bereit zum schnell abtrocknen. Ein Schild want davor, den Kopf unter Wasser zu tauchen. Nach 20 Min bin auch ich wieder draussen, und schon um halb eins bin ich an der Hurunui Hut Nr 3. die zwei Nürnberger sind schon wieder am aufbrechen, sie wollen das gute Wetter nutzen und weiterziehen. Die nächste richtige Hütte ist allerdings 6 Stunden von hier. Vielleicht gehen sie aber auch nur nie zu einer der zwei kleinen Notfallhütten (Cameron’s, 1h oder Harper Pass Bivouac 3h). Ich entscheide mich zu bleiben, fühle mich nicht so gut (Halsweh; vermutlich haben die vielen Sandflystiche mein Immunstem geschwächt). Werde den Rest von Weihnachten wohl alleine verbringen. Die letzten, die hier übernachtet hatten waren Rainer und Mechthild (das super fitte Paar aus Österreich) vor 4 Tagen. Verbringe also den Rest des Tages mit Zeitung lesen und Sudokus.

26 Dez. Hurunui Nr 3 Hut to Locke Stream Hut, 15 km, 7 Stunden.

Über den Harper Pass 962 m (harmlos). Begegne keinem Menschen. Der Weg ist nicht immer markiert, im Zweifel dem Flussbett folgen. Die tote Kuh im Bach (gemäss Stef’s Blog) liegt immer noch da, inzwischen aber nur noch als Skelett. Sollte ich vielleicht trotzdem das Wasser filtern? Bloss wegen dieser blöden Kuh? Das Wasser in den Bächen ist sonst beste Trinkwasserqualität.


Schon im 4 bin ich an der Locke Stream Hut. Eine schon ältere Hütte, schon etwas muffig. Und Ratten soll es hier geben. Ausserdem kein Wassertank; das Wasser muss man am Fluss holen. Bis zur nächste Hütte wären es aber noch 9 km, das ist mir zu weit. Fabi und Chris (Die Nürnberger) waren gestern da. Also auch die schaffen in einem Tag was ich an zwei mache. Nur mit Mühe bringe ich ein Feuer zusammen. Da läuft man den ganzen Tag durch Tonnen totes Holz, nur in der Nähe der Hütte hat es dann keines.


Später kommen noch zwei Girls aus Christchurch von der andere Richting (northbound), die verziehen sich aber in den anderen Schlafraum und sind nicht sehr gesprächig. Um halb acht schlafen die schon.

27 Dez. Locke Stream Hut zur SH74 und per Autostopp nach Christchurch. 20 km, 7 Stunden.


Es nieselt. Das hohe Gras ist nass, so dass meine inzwischen sehr saugfähigen Wanderschuhe innert kurzer Zeit voll durchtränkt sind. Zwei Flussüberquerungen geben dann noch den Rest. Schon nach 3 Stunden bin ich an der Kiwi Hütte, wo ich frische Socken anziehe und mir ein Mittagessen koche. In der Zeit fängt es richtig an zu regnen… gar nicht gut, denn ich weiss, dass vor mir Flussüberquerungen liegen, die bei starkem Regen nicht passierbar sind.
Ich ziehe zum ersten Mal meine Regenhose an und marschiere nach einer Stunde bei Vollregen weiter. Die Kuherde, an der ich vor der Pause vorbei zog, ist plötzlich hinter mir – getrieben von einem Farmer auf Pferd. Diese Kuherde wird mich den Rest des Tages begleiten, einmal vor mir, dann wieder hinter mir. Das ist gut so, denn der Weg ist schlecht bis gar nicht markiert, führt meist über Geröll dem Fluss entlang. Die Kühe weisen mir manchmal den Weg – und wo eine Kuherde einen Fluss überquert werde ich wohl auch drüber kommen. Die erste richtige Challenge war der Otehake River, ein Seitenarm des Taramakau Rivers. Schuhe ausziehen wäre illusorisch – hemmungslos stolpere ich durch den reissenden Fluss, das Wasser steht mir bis zum Arsch. Interessant: unter der Regenhose bleibt die Hose trocken! Da es der letzte Tag dieser Etappe ist (auf die Verlängerung über den Goat Pass verzichte ich in Anbetracht des Wetters gerne), kann es ja egal sein, wie nass ich bin. So können mir die vielen Bäche und Seitenflüsse egal sein. Der schlimmste Seitenfluss steht aber kurz vor dem Ziel, der Schnellstrasse SH 74 bevor: der Otira River. Ich weiss nicht, was ich ohne Kuhherde gemacht hätte! Der Fluss sah unpassierbar aus – aber wenn sogar ein Kälbchen drüber kommt …
Triefend vor Nässe stand ich also an der SH 74, an welcher praktisch kein Verkehr war. Aber keine 5 Minuten vergingen, schon das dritte Auto hielt an. Die 2 Stunden im Auto mit Brandon waren sehr unterhaltsam und führten durch atemberaubende Landschaften. Nach 20 km auf dem Arthur’s Pass machten wir Kaffeepause – ich immer noch mit quietschend nassen Schuhen. Dahinter dann strahlend blauer Himmel. Warum bloss führt der Te Araora entlang der Regenseite der Berge?

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Mehr Fotos und Vorbereitung auf die 3. Etappe.

die Library von Hanmer Springs hat wirklich gutes Internet, ganz im Gegensatz zu Hotel, wo das Hochladen eines Fotos Minuten dauert. Darum noch schnell ein paar Fotos hochladen, bevor es morgen zur 3 Etappe geht. Transfer zurück zum Te Araora ist organisiert (Taxi bis zur Hanmer Junnction, dann Shuttle bis zum Windy Point). Proviant für 7 Tage ist eingekauft. Letztes Mal hatte ich zu viel dabei, darum kalkuliere ich eher knapp. Im Gegensatz zu normalen Hikern habe ich unterwegs kaum Appetit und zehre eher von meinen Fettvorräten😊.

Danach werde ich wohl einen Teil des TA überspringen, wegen zwei gefährlichen Flüssen.  Stef, dessen Blogg (neben den offiziellen Trail Notes) mein Reiseführer ist, kam über die vielen  Arme des Rakaia River nur mit Müh und Not und beim Hauptstrom praktisch schwimmend (!), sein PLB  immer in griffweite. Den Rangitata River hat er dann auf abenteuerliche Art mit einem 150 km Umweg umgangen (siehe http://www.followstef.com). Irgendwo hat Abenteuer Grenzen, finde ich.

Sandflies und Midges


Jeder Reisebericht über Neuseeland stöhnt und klagt über die Sandflies, diese mühsamen Blutsauger. Ich kenne die Biester (oder dachte es zumindest) von Schottland, wo sie und letzten Sommer zu abertausenden beim Wandern auf der Insel Raasay verfolgt hatten. Ich nannte sie Sandflies, wurde aber aufgeklärt diese nennen sich Midges. NZ-Sandflies und schottische Midges sind überhaupt nicht das Gleiche. Die Schottischen Biester kommen im Tausend, und wenn man mal hundert erschlagen hat, sind es immer noch tausend. Die Sandflies sind wesentlich grösser und kommen im Duzend. Hat man zwei erschlagen, dauert es bis die zwei nächsten die Landung geschafft haben. Bei normalen gehen schaffen es die Sandflies nicht, auf der Haut zu landen, angeblich weil sie so leicht sind. Die Schottischen Biester, noch viel leichter, sind wesentlich geschickter – bei denen muss man sehr schnell rennen um sie loszuwerden. Und kaum geht man, stechen sie wieder zu. Kurz gesagt: ich mag die Sandflies hier viel lieber als die Schottischen Midges.

Zwei Tage später habe ich mein Urteil revidiert: Nach einer Sandfly-Attacke am Lagerfeuer, bei dem meine Waden nicht ganz geschützt waren, stachen duzende zu. Den Stich spürt man kaum – aber was folgte, war die Hölle: in der zweiten und dritten Nacht könnte ich kaum Schlafen vor Juckreiz. Meine Waden sehen aus wie Streuselkuchen!